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Naturschutz durch Schafbeweidung

Michi am 20.02.2018
Themen >> Schafe / Tiere
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Wo ist sie geblieben, die bunte Vielfalt der Natur? Still ist es geworden in unserer Landschaft. Das vielfältige Leben der Tiere und Pflanzen wurde vielerorts zurückgedrängt. Umso erfreulicher ist es, dass es am Waldhügel Fortschritte gibt, die hoffen lassen...

Waldhügel - Naturschutz durch Schafbeweidung  von Winfried Grenzheuser

Wo ist sie geblieben, die bunte Vielfalt der Natur? Still ist es geworden in unserer Landschaft. Das vielfältige Leben der Tiere und Pflanzen wurde vielerorts zurückgedrängt. Umso erfreulicher ist es, dass es am Waldhügel Fortschritte gibt, die hoffen lassen. Man sieht Veränderungen, die ins Auge fallen. Schritt für Schritt kommt man den Zielen des Naturschutzes und der Naherholung näher: Der neue „Panoramaweg“ mit Blick auf unsere Stadt und ins weite Emsland wurde fertig gestellt. Auch im Kerngebiet des Naturschutzgebietes Waldhügel kehrt Ruhe ein, da die Bauschuttdeponie und die Recyclinganlage geschlossen wurden. Das Herzstück aber ist der neue Schafstall!

 

Schäfer mit Vision für eine „Vielfältige Landschaft“

 

Schafstall

Abb. 1: Nun haben die Schafe ein Dach über dem Kopf! Schäfer Gisbert Lütke freut sich über den neuen Schafstall.

( Bild: Sven Rapreger)  

 

Das war’s! Und damit werfen immer wieder Menschen im mittleren Alter die Brocken hin. Sind nicht mehr bereit, diesen  Stress auf sich zu nehmen, den das moderne Berufsleben mit sich bringt. Oft durch Krankheit aufgeschreckt oder durch die Einsicht, dass Geldverdienen im Leben nicht alles ist. Ob Manager oder Mann an der Börse, sie machen einen Schnitt in ihrer Biographie und kehren der schnelllebigen Welt ihren Rücken. Eröffnen zum Beispiel einen Imbiss und verkaufen Currywurst oder hüten Schafe und werden Schäfer. Sie suchen eine Welt, in der die Uhren noch langsamer ticken: Aussteiger!

Nicht so bei Gisbert Lütke! Er steht fest im Leben und wurde Schäfer, um den Naturschutz voran zu bringen. Für ihn ist Naturschutz grundlegendes Lebensprinzip. Er opfert seine Freizeit seit Jahrzehnten für den Naturschutz und arbeitet ehrenamtlich im Naturschutzbund (NABU). Schon früh erkannte er, dass historische Kulturbiotope in unserem Kreis nur mangelhaft oder überhaupt nicht gepflegt werden. Diese Lücke in der Landschaftspflege will Gisbert Lütke schließen, ließ sich als Schäfer ausbilden, kaufte eine Schafherde und beweidete Heideflächen sowie Trockenrasen. Und das macht ihn sympathisch, denn bei seinen Bemühungen im Naturschutz ist er nicht nur Theoretiker, sondern auch Praktiker, der neue Beweidungskonzepte gleich in die Tat umsetzt. Oft sieht man ihn, begleitet von seinem großen schwarzen Hund „Tasko“, am Waldhügel inmitten seiner Schafherde. Lütke hat die Ruhe in sich, Schäfer wie im Bilderbuch. Zieht genüsslich an seinem Zigarillo und beobachtet seine Herde.

Mal sind es die Klauen, die geschnitten werden, damit die Tiere trittfest über die Klippen laufen und sich keine Klauenkrankheiten einfangen. Ein Schaf nach dem andern fängt er dann aus der Herde, legt es auf den Rücken: „Fußpflege“! „Denn Pflege ist alles“, weiß Lütke aus Erfahrung zu berichten. Nach beendeter Prozedur springen die Schafe erlöst zurück ins Gelände. Zuvor jedoch werden sie farblich gekennzeichnet, damit man die Übersicht nicht verliert. Immer wieder muss der Koppelzaun kontrolliert werden, damit keine Tiere ausbrechen. Spätestens dann ist es mit der Schäferidylle vorbei; denn Schafe fangen kann schweißtreibend sein!

 

Schafe am Waldhügel

Foto Winfried Grenzheuser

 Abb. 2: Ein schöner Anblick! Kamerunschafe im Einsatz für die Natur.  

Damit es erst gar nicht so weit kommt, werden immer wieder Reparaturarbeiten ausgeführt und der Zaun wird frei geschnitten. Werden jedoch die Zäune von „Vandalen“ platt getreten, dann ist es mit dem „Schäferstündchen“ vorbei und Lütke wird fuchsteufelswild, so dass es mit der Ruhe im Naturschutzgebiet Waldhügel dahin ist. Denn seine Tiere sind ihm alles! Dem Schäfer ist es ein Dorn im Auge, wenn im Sommer bei schönem Wetter im Waldhügelsee gebadet wird: „Es ist für mich unverständlich! Die haben wohl eine Leseschwäche.“ Und er deutet auf die vielen grün-weißen Schilder mit dem Seeadler hin, die eindeutig aufklären, wie man sich im Naturschutzgebiet zu verhalten hat. „Es ist nicht nur, dass sie meine Zäune niedertreten, einige nehmen sogar ihren Hund mit auf die Koppel. Da kommt dann der Jagdtrieb durch. Was dann passiert konnten wir im letzten Sommer erleben. Kein schöner Anblick! Ein Schaf wurde von einem Hund regelrecht zerrissen,“ ärgert sich Lütke.

 

Sonntags aber genießt er den Waldhügel und geht mit seinem Hund spazieren. Verweilt hier und da und lässt sich gern auf Gespräche mit Waldhügelbesuchern ein. Seine profunden Kenntnisse als Schäfer und Naturschützer machen ihn zu einem interessanten  Gesprächspartner. Er weiß, dass er für den Naturschutz werben muss, um eine große Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. Oft wird er gefragt nach dem Unterschied von Ziegen und Schafen. So erklärt er: „Gemeinsam mit den Schafen bilden die Ziegen eine Unterfamilie der Ziegenartigen. Optisch sind Ziegen in Europa meist leicht von Schafen zu unterscheiden. Es gibt jedoch Schafrassen, bei denen eine optische Unterscheidung schwer fällt. Weder die Wolle noch die Form der Ohren oder des Schädels liefern Anhaltspunkte für eine Zuordnung. Ein sicheres optisches Unterscheidungsmerkmal ist die Haltung des Schwanzes. Schafe lassen den Schwanz hängen, Ziegen stellen den Schwanz auf. Genetisch unterscheiden sich Ziegen und Schafe durch ihre unterschiedliche Chromosomenanzahl. Während Ziegen 60 Chromosomen besitzen, sind es bei Schafen nur 54. Trotzdem gibt es Berichte über erfolgreiche Kreuzungen zwischen Ziege und Schafbock. Der wohl augenscheinlichste Unterschied zwischen Schafen und Ziegen, ist das unterschiedliche Wesen der Tiere. Während Schafe bei plötzlicher Gefahr blind links die Flucht ergreifen, beobachten Ziegen meist die Situation neugierig, bevor sie adäquat darauf reagieren. Auch das Fraßverhalten ist unterschiedlich: Ziegen fressen gerne die Rinde von Bäumen und werden aus diesem Grund in der Landschaftspflege eingesetzt, um die Verbuschung z. B. von Trockenrasen zu verhindern.“ Lütke zeigt auf armdicke Bäume in der Koppel: „Die werden  im nächsten Jahr eingehen, da die Rinde von den Ziegen völlig abgenagt wurde. Nur wenn man die Bäume kurz hält, kann man diese Trockenrasen erhalten.“ Lütke weiß: „Mähen kann man hier nicht. Das Gelände ist viel zu uneben! Sicher gibt es schönere Weiden, aber meine Schafe sind sehr genügsam und kommen mit den dürren Pflanzen gut zurecht. Andere Rassen würden hier verhungern! Will man diese Kalkmagerrasen schützen, muss man sie pflegen, und das mache ich mit meinen Schafen. In dieser Felslandschaft fühlen sie sich wohl.“

 

Dann schmunzelt er: „Oft werde ich gefragt, wann ich die Schafe schere und was ich mit der Wolle mache. Das ist leicht zu beantworten! Es handelt sich bei den Kamerunschafen um Haarschafe, die nicht geschoren werden. Auch aus diesem Grunde hab ich mich für diese Rasse entschieden. Denn das Scheren der Schafe ist arbeitsintensiv und für die Wolle gibt es heute fast kein Geld mehr. Wer will diese Arbeit schon machen? Schließlich hat man mit den Tieren schon genug zu tun!“

 

Schäfer Lütke macht darauf aufmerksam, dass seine Tiere nicht nur hier am Waldhügel eingesetzt werden: „Es gibt noch 15 andere Flächen, die extensiv durch Schafe, Ziegen und Rinder beweidet oder gemäht werden. Auch hier stehen Ställe, wo die Tiere im Winter Unterschlupf finden können. Es handelt sich überwiegend um Flächen des Naturschutzbundes NABU. Auch die Heuwirtschaft übernimmt er. Auf diese Weise können in diesem Jahr voraussichtlich mehr als 46 ha hochschützenswerter Flächen erhalten werden. In den Wintermonaten verfüttern wir Heu, das von unseren Öko-Wiesen, z. B. der „Eierwiese“ hier am Waldhügel, stammt.“ - „Eierwiese? Seltsamer Name! Warum heißt sie so?“ Lütke lässt keine Frage offen und kennt auch die lokalen Besonderheiten dieser Gegend: „Zu Ostern ging man mit der ganzen Familie am Waldhügel spazieren. Es war Brauch, auf der abschüssigen Wiese Eier zu rollen. Ein Spiel mit verschiedenen Regeln.“  

 

Dann zeigt Lütke auf die Ohrmarken seiner Tiere und ärgert sich: „Das ist die Vorschriftenflut, die uns die Europäische Gemeinschaft eingebrockt hat. Viele Schäfer haben ihre Tiere bereits abgeschafft, da sie den Formalitätenkram für ein paar Schafe nicht auf sich nehmen wollen. Da sitzt man Stunden im Büro und muss Buchhalten über Zu- und Abgänge, Stichtagsmeldungen und Standortsveränderungen. Selbst der Transport der Tiere über gewisse Entfernungen hinweg ist detailliert und nicht immer zu unseren Gunsten geregelt.“

 

Lütkes großer schwarzer Hund ist besonders für Kinder interessant: „Um welche Rasse handelt es sich und welche Aufgaben hat er?,“ wollen viele wissen. „Es ist ein großer Schnauzer. Er gehorcht aufs Wort, jedoch als Hütehund muss er noch viel lernen.“

 

Auf die Frage, wie viel Geld man als Schäfer verdient, winkt Lütke ab. „Geld gibt es nicht!“, erklärt der 49 jährige, der sich als Mitarbeiter des NABU-Kreisverbandes ehrenamtlich um die Schafe, Ziegen und die Rinderherde kümmert.

 

Sein weiteres Augenmerk gilt dem Uhu! Vielleicht ist das der Grund, warum der Naturschützer Lütke überhaupt zum Waldhügel gefunden hat. Denn bei dieser Greifvogelart gilt er als absoluter Experte, hält Vorträge in ganz Westfalen und hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Uhu in unserer Heimat wieder Fuß fasste. Am Waldhügel wurden auf seine Initiative hin Brutnischen in die Kalkfelsen gemeißelt, damit der Uhu ungestört brüten kann.       

 

Aber auch das ist für den Naturschützer wichtig: Mit einer Kindergartengruppe ist er auf Entdeckungstour am Waldhügel. Die Kleinen wollen vieles wissen. Geduldig beantwortet er Fragen, erklärt und zeigt interessante Dinge, z. B. versteinerte Seeigel und Muscheln, die man am Waldhügel überall finden kann. Moderne Pädagogik! Man weiß, dass direkte Begegnungen mit der Natur immer seltener werden bzw. den Kindern ganz verwehrt bleiben. Natürliche Lebensräume, wie auch Naturphänomene bleiben den Kindern oft fremd. Daher soll die originale und möglichst erlebnisreiche Begegnung im Mittelpunkt stehen. „Man kann gar nicht früh genug anfangen, Freude an der Natur zu wecken“, ist Schäfer Lütke überzeugt.

Schafstall - Schutz vor Kälte, Regen und Wind  

"Vorlage" für den Schafstall am Waldhügel

Foto Reinhard Hundrup

 Abb.3: Historischer Viehstall an der Heiner Landstraße war unser Vorbild.

Nun steht er vor uns, der alte Viehstall! Der Zahn der Zeit hat Spuren an ihm hinterlassen: Hier fehlt eine Dachpfanne, dort ist ein Balken morsch. Und im Inneren hat eine Amsel Schutz gefunden, sitzt auf ihrem Nest und brütet. An den Seitenwänden erkennen wir Futtertraufen, die darauf hinweisen, dass hier einmal Weidetiere zu Hause waren. Wo früher  Rinder standen, steht heute ein Wagen mit Brennholz. Wir runzeln die Stirn! Spontan haben wir eine Idee: Abbauen, transportieren und am Waldhügel wieder aufbauen, das ist Puzzlearbeit!

Aber meistens kommt es anders, als man denkt! Nachdem der Vorstand des Fördervereins Waldhügel Kontakt mit dem Besitzer aufgenommen hatte, stellte sich heraus, dass dieser Viehstall heute als Holzlager benötigt wird, also unverkäuflich ist. Mit dieser ernüchternden Erkenntnis verfolgten wir ein neues Ziel: Der Viehstall an der Heiner Landstraße wird nicht in alle Einzelteile zerlegt, sondern dient lediglich als Vorbild. Schließlich stellt er geradezu den Prototyp von Viehställen dar, der noch vor wenigen Jahrzehnten überall auf den Weiden stand und unser Landschaftsbild prägte. Damals gab es diese Viehställe noch wie Sand am Meer. Oft waren die eingezäunten Weiden nur einen Morgen- 100m mal 25m groß-, dennoch bekamen die Tiere ein Zuhause. Dann kam die Zeit, als überall auf den Weiden und Wiesen die gelben Drainagerohre lagen, die in Windeseile mit modernen Maschinen in den Boden verlegt wurden, um ihn trocken zu legen. Aus Weideland entstand Ackerland.

Heute sind diese Viehställe etwas Besonderes. Also bauen wir einen neuen Stall! Erst aber wurde an diesem historischen Prachtstück gemessen, skizziert und fotografiert, um möglichst Detail getreu alle wesentlichen Baumerkmale zu erfassen. Denn der neue Stall muss zu den bereits bestehenden Viehgattern aus Holz, der Einzäunung mit Eichenpfählen und der historischen Kulturlandschaft, den Kalk-Halbtrockenrasen am Waldhügel, passen.

Nun wurden Nägel mit Köppen gemacht! Wie bei einem Hausbau wurden Pläne gezeichnet und als Bauantrag eingereicht, sogar eine Sondergenehmigung von der Unteren Landschaftsbehörde musste erteilt werden, da der zukünftige Schafstall im Naturschutzgebiet steht.

Kurzum! Von nun an haben die Mitglieder des Fördervereins Waldhügel kräftig in die Hände gespuckt und sich an die Arbeit gemacht, so dass sich nach und nach auf einer Fläche von 5,52 mal 3,50 m der landschaftstypische Schafstall in Fachwerk-Ständerbauweise erhob. Ob Fundament, Zimmermann- oder Maurer-Arbeiten, hier konnte man etwas lernen, da die „Altmeister“ ihres Fachs die Regie übernahmen. Nach und nach nahm der neue Schafstall  Formen an. Und in all dieser emsigen Zeit haben wir gehofft, dass irgendjemand die Materialkosten übernimmt, die so ein Bau nun einmal verursacht.

Nun ist Richtfest! Gerade hatte man die letzten Nägel in die Dachbalken geschlagen, dann wurde es besinnlich. Traditionell wurde ein aus Buchsbaum geflochtener und mit bunten Bändern verzierter Richtkranz in das Dachgebälk gehängt, damit alles einen feierlichen Rahmen bekam. Nach altem Handwerksbrauch kletterte Vorstandsmitglied Ludger Schröer in den Giebel und hielt eine kleine „Festrede“- in Gedichtform. Es war ein stimmungsvolles, kleines Fest, dass bis zum I-Tüpfelchen gestaltet war, zumal auch noch ein Tröpfchen aus Waldhügelschlehen gereicht wurde.

 

Auszug aus der Festrede:

„Hier werden Schafe und Ziegen, groß und klein.

Wohl und warm zu Hause sein.

Treulich haben wir geschafft,

Alle unsere Kunst und Kraft

Galt dem Bau. Nun bittet Gott,

Dass er Krankheit Leid und Not

Wende ab von Mensch und Tier.

So, nun reicht ein Gläschen mir,

Dass ich’s trinke euch zum Wohl!

Und nun ruft zum Schlusse noch.

Unser Bauherr lebe hoch!“  

Pause am Waldhügel

Abb.4: Die Altmeister beraten während einer Pause: Wie soll es beim Schafstall weitergehen? (v. l.): Karl-Heinz Büschker, Norbert Feldbusch. (Bild: Reinhard Hundrup)

 

Richtfest

Abb.5: Zum Richtfest gab es ein regionales Tröpfchen: Schlehenlikör vom Waldhügel! (v.l.): Winfried Grenzheuser, Karl-Heinz Büschker, Ludger Schröer, Reinhard Hundrup. Es fehlt  Norbert Feldbusch (Bild: Mathias Schrief)

 

Jetzt hatten wir noch viel Arbeit vor uns, aber das Ziel fest vor den Augen! Alte, hand gebrannte Tonpfannen, jedes Stück ein Unikat, wurden auf’s Dach gestemmt und eingepasst. Mit Findlingen wurde das Umfeld des Stalls gepflastert, damit die Tiere trocken stehen und sie keine Klauenkrankheiten bekommen. Dann aber am Freitag, dem 16. April war es soweit! Der Schafstall ist fertig!

 

Bei strahlendem Sonnenschein machte eine gut besuchte Runde zufriedene Gesichter, die zur Einweihung des neuen Schafstalls erschienen war. Gemeinsam wollten wir nun Gottesdienst feiern. Nachdem der Vorsitzende des Fördervereins Waldhügel, Reinhard Hundrup, alle Gäste herzlich begrüßt hatte, begannen der katholische Pastor Günter Hillebrandt und sein evangelischer Amtsbruder Siegfried Tripp mit ihrem ökumenischen Gottesdienst. Von den Geistlichen wurde das christliche Anliegen, die Schöpfung zu bewahren, deutlich gemacht. Nach der Segnung des Schafstalls berichtete Hundrup über die Entstehung des Naturschutzgebietes und über das lang geplante, ehrenamtliche Schafstallprojekt. Dann ging er auf die schutzbedürftige Artenvielfalt ein. „Allein 918 Pflanzenarten gibt es hier! Damit gehört der Waldhügel zu den Spitzenreitern in Sachen Biodiversität. Auch die Zusammenarbeit war auf allen Seiten sehr gut“, würdigte Hundrup die Projektarbeit. „Ziel sei es immer gewesen, einen Flecken Natur zu bewahren und zu gestalten“, waren sich die Kirchenvertreter und Hundrup einig. Durch die Schafe könne eine Vielzahl an Pflanzen gerettet und somit erhalten werden.“ Außerdem konnte Hundrup erleichtert berichten: „Die letzte Rechnung für die Materialien ist bezahlt! Bei der Finanzierung wurden wir durch Sponsoren großzügig unterstützt.“ Ende gut, alles gut! Nach dem Gottesdienst übergab ein  Vertreter des Kreises Steinfurt einen Leckstein an den Schäfer, damit sich die Schafe am Waldhügel gleich wohl fühlen. Etwas enttäuscht zeigten sich die Gäste an diesem Tage dennoch, da die Schafe am Waldhügel noch fehlten. Aber die Besucher wurden auf den Monat Mai vertröstet; dann ist Schafauftrieb. Als Ersatz für die fehlenden Schafe gab es jedoch Kaffee, Kuchen und interessante Gespräche, die sich natürlich auch um das Schafstallprojekt drehten.  

 

Einweihung Schafstall

Abb.6: Einweihung des Schafstalls! Die Wahrung der Schöpfung ist ein christliches Anliegen. (v.l.): Pastor Siegfried Tripp, Pastor Günter Hillebrandt,  Vorsitzender des Fördervereins, Reinhard Hundrup, Frau Brinkers, Frau des Ehrenvorsitzenden ( damaliger Vorsitzender).

Nun haben die Schafe und Ziegen ein Dach über den Kopf und mancher wird sich fragen, warum das alles? Was haben Ziegen und Schafe mit Artenschutz zu tun? Sie fressen doch nur ab, was eigentlich geschützt werden soll! So gibt es z. B. Orchideenliebhaber im Teutoburger- Wald, die, sobald die Schafe kommen, Eimer über seltene Pflanzen stülpen, um sie zu erhalten. Und es wird viel diskutiert auf Bürgerversammelungen, weil man sich uneins ist über die richtige Pflege von Kalk-Halbtrockenrasen, wie sie der Botaniker nennt. Ja, der dortige Schäfer wird manchmal sogar angefeindet, obwohl er mit seinen Tieren nur das Beste für Landschaft und Natur will. Eines ist jedoch sicher, wenn wir nicht an die alten Wirtschaftsformen unserer Großväter anknüpfen, dann verbuschen diese Magerrasen und es entsteht Wald. Und mit den vielen Licht liebenden Raritäten ist es vorbei. Auch mit den Orchideen. Sie gedeihen nicht im Schatten! Als Wirtschaftsweide sind diese Kalk-Trockenrasen schon lange unrentabel geworden, so dass sie ähnlich wie unsere Heidelandschaften auf Sandboden keinen Nutzen für den Landwirt haben und allerorts verschwinden. Aber wie viele Tiere und Pflanzen sind zum Tode geweiht, wenn es diese Lebensgemeinschaften nicht mehr gibt. Nicht der Landwirt kann verantwortlich für den Untergang dieser Kleinode gemacht werden, er reagiert nur auf das, was der Markt vorgibt! Wachstum um jeden Preis! Und wer nicht mitmacht in diesem wirtschaftlichen Überlebenskampf muss weichen. Glashart! Dabei sind wir längst an unsere Grenzen gestoßen, wenn wir die Folgen der modernen Landwirtschaft bedenken: Nitrat im Grundwasser, Rückgang der Artenvielfalt, Dioxin in Hühnereiern. Neuerdings schlagen sogar Deutschlands Imker Alarm: Ihren Bienen geht das Futter aus! Der Deutsche Imkerbund kritisiert, dass das Nahrungsangebot für Bienen immer weiter zurückgeht, da es immer weniger blühende Pflanzen in der Landschaft gibt. Die Imker warnen, dass so geschwächte Bienenvölker nur geringe Überlebenschancen haben. Wenn wir eine Wende herbeiführen wollen, müssen auch wir als Verbraucher eine Landwirtschaft unterstützen, die im Einklang mit der Natur steht. Der Landwirt allein kann sich diesen Luxus „Naturschutz“ nicht leisten. Solange die Nachfrage nach Billigprodukten den Markt bestimmt, solange bleiben viele Probleme ungelöst und Artenschutz hat keine Chance.

Zuletzt geändert am: 11.12.2021 um 08:25

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