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Wo die Nachtigall einst zuhause war ... |
Michi am 08.10.2019 |
Themen >> Schafe / Tiere |
Bericht MV vom 04.09.2019
Wo die Nachtigall einst zuhause war ...
Eine Schwanzmeise versteckt sich zwischen den Ästen.
Ann-Christin Hesping
RHEINE. Reinhard Hundrup macht sich Sorgen um die Singvögel. Der Vorsitzende des Fördervereins Waldhügel hat den Eindruck gewonnen, dass sie seit Wochen verstummt sind. Zusammen mit dem Biologen Winfried Grenzheuser vom Naturschutzbund hat er die MV am Montagnachmittag zu einem Rundgang über den Waldhügel eingeladen – um zu schauen, wie es um die Singvögel steht.
Am Montagnachmittag ist der Wald nicht völlig still. Zwei kleine Schwanzmeisen flattern von einem Ast zum nächsten, eine Ringeltaube fliegt über den See, irgendwo ruft ein vorlauter Eichelhäher. „Das, was wir beim Insektensterben erleben, lässt sich auch auf die Vogelwelt übertragen. Zwar gibt es einige Spitzenerfolge wie den Uhu, der sich erfolgreich am Waldhügel angesiedelt hat, aber der Trend geht dahin, dass sowohl die Artenvielfalt als auch die Bestandsdichte deutlich zurückgeht“, erläutert Grenzheuser. Früher konnte er Starenpaare auf fast jedem Dach in Rheine beobachten, heute sieht man sie nicht mehr. Von den vier Nachtigall-Paaren, die über Jahre am Waldhügel brüteten, ist mittlerweile keines mehr da. Auch Hohltaube, Girlitz und der Pirol sind größtenteils verschwunden, ebenso wie die Hauben- und die Feldlerche oder der Kiebitz – nur ein einziges Nest konnten Hundrup und Grenzheuser in diesem Jahr ausmachen. Die Liste lässt sich scheinbar endlos fortsetzen. „Manchmal sitze ich hier und sehe nicht einen einzigen Vogel“, stellt Hundrup verbittert fest.
Dabei ist der Waldhügel ein Naturschutzgebiet, in dem alles dafür getan wird, ideale Bedingungen für eine Vielzahl von Lebewesen zu schaffen. Trotzdem ist der Artenschwund auch hier zu spüren. Und außerhalb der Naturschutzgebiete ist die Lage noch drastischer: Es gebe insgesamt zu wenig Blühflächen, eine zu geringe Vernetzung der Naturräume und zu viel Dünger- und Pestizideinsatz. Neben der mangelnden Nahrung gebe es darüber hinaus kaum natürliche Bruthabitate wie hohle Stämme oder dichte Hecken und Sträucher. In Gärten fehle es an Wildwuchs. „Die Brennessel ist zum Beispiel eine Wirtspflanze für an die 20 verschiedenen Tagfalter. Mit der Brennessel, die niemand im Garten haben möchte, verschwinden die Insekten, die sich von ihr ernähren und damit am Ende auch die Vögel, die sich wiederum von den Insekten ernähren. Es ist eine Kettenreaktion“, schildert Grenzheuser.
Wenn man Grenzheuser und Hundrup fragt, was sie sich für die Zukunft wünschen, dann sind es vor allem eine stärkere Vernetzung unterschiedlicher Landschaftsbereiche, naturnahe Gärten, in denen nur wenig gepflastert werden darf, und ähnliche Regelungen zum Beispiel auch für Friedhöfe. Sie begrüßen Konzepte wie den Masterplan Grün und hoffen, dass in der Landwirtschaft in Zukunft nicht die Fläche, sondern zum Beispiel das Anlegen von naturbelassenen Ackerrandstreifen subventioniert wird.
„Der Trend geht dahin, dass sowohl die Artenvielfalt als auch die Bestandsdichte zurückgeht.“
Winfried Grenzheuser
„Manchmal sitze ich hier und sehe keinen einzigen Vogel.“
Reinhard Hundrup
Quelle: Münsterländische Volkszeitung, 04.09.2019, © Altmeppen Verlag GmbH & Co. KG ,
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Zuletzt geändert am: 11.12.2021 um 08:14
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